Aktuelle Debatte zu guten Löhnen, stabilen Renten und fairen Altersgrenzen: Wer Arbeitskräfte will, muss faire Arbeitsbedingungen schaffen

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen,

gute Löhne sind kein linkes Projekt. Vielleicht hilft diese Perspektive einigen, ihre Arbeitsmarktpolitik zu überdenken. Die Zeiten sind vorbei, in denen faire Bezahlung allein eine soziale Frage war. Gute Löhne sind bei Fach- und Arbeitskräftemangel eine Frage unternehmerischer Vernunft. Wer Arbeitskräfte will, muss faire Arbeitsbedingungen und Bezahlung schaffen.

Das Modell gelebter Sozialpartnerschaft ist in Sachsen aber noch nicht selbstverständlich. Wir BÜNDNISGRÜNE unterstützen deshalb starke Gewerkschaften und verantwortungsvolle Unternehmen. Und wir verteidigen Streiks als elementares Grundrecht.

Die von der CDU lange Zeit gefahrene Niedriglohnstrategie fällt uns heute auf die Füße. Der Freistaat ist mit nur 42% tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnissen bundesweit Schlusslicht. Ein großes Manko für unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Als Freistaat können wir einiges für gute Löhne tun. Tariftreue im Vergabegesetz ist der richtige Weg. Ich finde, es ist ein Trauerspiel, dass die CDU sich von Partikularinteressen aus der Wirtschaft unter Druck setzen lässt und keine selbstständige Position findet. Was zählen schon ein Koalitionsvertrag, kompromissbereite Koalitionspartner und praktikable Kriterien für Verwaltung und Auftragnehmer. Ihr Einknicken vor den Resten der 90er-Jahre-Mentalität setzt die Zukunft aufs Spiel. Und das ist auch die Zukunft jeder einzelnen Arbeitnehmerin und jedes Arbeitnehmers, die heute nicht genug verdienen und später keine ordentliche Rente bekommen.

Wir BÜNDNISGRÜNE stehen für eine gerechte Arbeitsmarktentwicklung. Jeder sechste Beschäftigte in Sachsen arbeitet im Niedriglohnbereich. Statt nach unten zu treten und zu beklagen, die Bürgergeldempfänger bekämen zu viel, wollen wir an die Stellschraube Mindestlohn heran. Eine Reallohnsenkung für Millionen von Menschen nehmen wir nicht hin.

 

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Alle Menschen sollen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können. Die dauerhafte Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung hat für uns Priorität. Eine politische Umsetzbarkeit stark steigender Beiträge und wachsender Bundeszuschüsse ist auf Bundesebene aber fraglich. Wir setzen deshalb auf andere Pfade und wollen die sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausbauen.

Das heißt erstens: mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen. Sie kommen aus unfreiwilliger Teilzeit heraus durch mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir müssen das Gender Pay Gap endlich schließen. Auch da hilft mehr Tarifbindung.

Zweitens: Längeres Arbeiten für alle, die das wollen und können. Das funktioniert aber nur mit altersgerechten Arbeitsbedingungen und   individuellen Übergangslösungen in den Ruhestand, z.B. eine Teilrente ab 60 und attraktive Hinzuverdienstmöglichkeiten. Eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters über die 67 Jahre hinaus lehnen wir ab. Für alle, die das nicht durchhalten können, wäre das eine Rentenkürzung.

Drittens wäre mit dem Abbau prekärer Beschäftigung viel gewonnen. Und Viertens kommt es auf die Arbeitsmarktintegration von Zuwanderinnen und Zuwanderern an, um die demografisch bedingten Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherungssysteme zu mildern. Dafür können wir im Freistaat viel tun - aber auch vermasseln:
Wer im Eifer der politischen Auseinandersetzung auf Abschreckung von Asylsuchenden setzt, oder sie gar als Sündenbock nutzt, um eigene Versäumnisse in der Bildungs- oder Wohnungspolitik zu verschleiern, leistet Ressentiments Vorschub. Das Ressentiment aber unterscheidet nicht nach Aufenthaltsstatus. Wo Ausgrenzung Alltag ist, da bleiben zugewanderte Arbeitskräfte fern. So setzt man die Zukunft unseres Landes aufs Spiel.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen,

den Herausforderungen der Lohn- und Rentenpolitik begegnen wir durch zwei Dinge: gute Lösungen und eine aufrechte Haltung.

Arbeit & Wirtschaft | | 20.03.2024

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