Es könnten wieder Zügen zwischen Döbeln und Meißen rollen

Der Freistaat Sachsen will zwei stillgelegte Bahnstrecken reaktivieren. Eine ist die zwischen Döbeln und Meißen. 

Ursprünglich waren es 22 sächsische Eisenbahnstrecken, die potenziell für eine Reaktivierung infrage kamen. Eine tiefgründige Potenzialanalyse erfolgte in den vergangenen beiden Jahren für fünf Strecken.

Neben Döbeln-Meißen wurden die Strecken Marienberg-Pockau-Lengefeld, Beucha-Brandis-Trebsen, Ebersbach-Löbau und Niedercunnersdorf-Oberoderwitz (Herrnhuter Bahn) bewertet.

„Mit den verkehrspolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen haben wir uns auf Grundlage der Ergebnisse und der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel darauf verständigt, uns vorerst weiter auf die Strecken Döbeln-Meißen und Pockau-Lengefeld-Marienberg zu fokussieren und die mögliche Aktivierung beider Strecken weiterzuverfolgen. Ebenso stehen wir in Abstimmung mit dem Verkehrsverbund Mittelsachsen zu den im Betrieb entstehenden Betriebskosten“, erklärt Verkehrsminister Martin Dulig (SPD).

Die intensiven Untersuchungen seien notwendig gewesen, um unter anderem die Voraussetzungen für infrage kommende Förderungen des Bundes zu schaffen.

„Ich bin froh, dass nach einem langen Prozess, von dem auch alle Beteiligten im Vorfeld nicht ahnten, dass er so zeitintensiv verlaufen würde, nunmehr die Ergebnisse vorliegen und die Abstimmungen beendet sind“, so Dulig.

Was immer bedacht werden müsse: Die Strecken in Sachsen wurden nicht von der Regierung stillgelegt oder weil auf diesen zu viel Verkehr herrschte. Sondern die Zweckverbände hätten den Betrieb einstellen lassen, weil die Nachfrage der potenziellen Bahnnutzer nicht mehr gegeben war.

„Mit den vertieften gutachterlichen Prüfungen haben wir untersuchen lassen, ob ein wirtschaftlicher Betrieb, auch im Hinblick auf sich verändertes Mobilitätsverhalten der Menschen in unserem Freistaat, wieder gegeben sein könnte. Wir haben die Ergebnisse in der Koalition diskutiert und die nun die nächsten Schritte erörtert, um den Bahnverkehr in Sachsen wieder attraktiver zu machen“, so Dulig.

Zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) und der Nossen-Riesaer-Eisenbahn-Compagnie GmbH (NRE) wurde bereits im Sommer 2021 ein Planungsvertrag für die Reaktivierung der Strecke Döbeln-Meißen für den Schienen-Personen-Nahverkehr SPNV geschlossen (wir berichteten), der derzeit auf die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst werde. Die NRE werde nunmehr einen Gutachter mit der entsprechenden Planung beauftragen.

Es wird viel Geld nötig sein, um die Strecke wieder nutzbar zu machen. Schätzungen des Wirtschaftsministeriums gehen von 17 bis 24 Millionen Euro aus. Da sich die Strecke in einem schlechten Zustand befindet und für die anstehende Reaktivierung noch einige Vorleistungen nötig seien, sei mit der NRE bereits eine vorgezogene Erhaltungsinvestition auf dem Streckenteil Nossen-Meißen vereinbart worden, um den Zugang per Schiene zum strategisch wichtigen Tanklager in Rhäsa sicherzustellen. In diesem Abschnitt müssen vor allem Schienen und Bahnschwellen getauscht oder saniert werden. Neben einer Bundesförderung und einem Eigenanteil der NRE fördert der Freistaat Sachsen dieses Vorhaben mit rund 1,7 Millionen Euro. Die Baumaßnahmen sollen 2024 abgeschlossen sein und hätten laut Ministerium bei der eigentlich geplanten Reaktivierung sowieso durchgeführt werden müssen.

Henning Homann, SPD-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Sachsen, setzt sich gemeinsam mit anderen Politikern aus der Region Döbeln seit Jahren für die Reaktivierung der Bahnstrecke Döbeln-Dresden ein, die im Jahr 2012 eingestellt wurde.

„Es ist ein starkes Zeichen an die Region Döbeln, dass sich die Koalition in Sachsen zur Reaktivierung der Bahnstrecke bekennt. Eine neue Zugverbindung in die Landeshauptstadt wäre ein Meilenstein für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Region. Wir haben die große Chance, die Region Döbeln als relevanten Leuchtturm im Speckgürtel von Dresden, Leipzig und Chemnitz zu etablieren. Deshalb arbeiten hier alle Hand in Hand daran, dass es gelingt“, erklärt er.

Gleichzeitig warnt er aber auch vor zu hohen Erwartungen. Es sei ein Mammutprojekt und müsse Schritt für Schritt vorangetrieben werden. Die Bahnlinie abzubestellen sei schnell gegangen. Sie auf dem neuesten technischen Stand wiederherzustellen, brauche zahlreiche Umbauten.

„Und wir sind noch lange nicht am Ziel. Wichtig ist, dass wir als Region Döbeln die Chance nutzen. Mit einer neuen Bahnlinie wird nicht automatisch alles besser. Wir müssen auch hier unsere Hausaufgaben machen, unsere Schulen und Kitas weiter fit machen, Gewerbeflächen erschließen und unsere Kulturangebote weiterentwickeln. Ankerinvestoren wie Karls zeigen, dass Döbeln die Chance hat, sich noch stärker zu einer echten Zukunftsregion mit guten Arbeitsplätzen und lebenswerten Städten zu entwickeln“, meint Homann.

Auch Gerhard Liebscher, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen im Landtag, spricht von einem wichtigen Zeichen für die vielen Menschen in der Region, die sich seit Jahren eine bessere Anbindung an die Ballungszentren wünschen und für die Reaktivierung der stillgelegten Bahnstrecken einsetzen.

„Bei meinen Besuchen vor Ort habe ich erlebt, wie groß das Interesse an einer Reaktivierung ist“, so Liebscher. Die Grünen würden die Bemühungen des Verkehrsministeriums und der vielen Engagierten in der Region unterstützen. Ziel sei es, so schnell wie möglich wieder Züge auf die stillgelegte Strecke zu bekommen.

Verkehr | | 12.09.2023

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